Das Münchner Haus der Kunst feiert 40 Jahre P1: Zauberer der Nacht (2024)

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Von: Katja Kraft

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Das Münchner Haus der Kunst feiert 40 Jahre P1: Zauberer der Nacht (1)

Der legendäre Münchner Nachtclub P1 feiert 40. Geburtstag. Das direkt daneben liegende Haus der Kunst präsentiert zum Jubiläum die Ausstellung „Glamour und Geschichte“. Zeitreise an!

Es gibt diesen treffenden Satz, der den Zauber auf den Punkt bringt: „Wenn im P1 ein junger Mann auf der Tanzfläche ausflippte und man dachte: Der sieht aus wie Mick Jagger. Dann war es Mick Jagger.“ Notiert hat ihn Klaus Gunschmann, langjähriger Türsteher dieses Münchner Nachtclubs, dessen Name sofort Bilder im Kopf entstehen lässt. Selbst bei denen, die an Gunschmann nie vorbeigekommen, hier nie selbst im Schummerlicht durch die Nacht getanzt sind. Das P1 am Englischen Garten – Prinzregentenstraße 1 – ist weltbekannt. Einer der erfolgreichsten, auch einer der ältesten Clubs, die es noch immer gibt. 40. Geburtstag feiert er in diesem Jahr. Und das Haus der Kunst feiert mit.

Ehrensache unter Nachbarn. Denn es ist ja schon etwas Besonderes. Ja, gibt’s das überhaupt noch ein zweites Mal auf der Welt – ein Nachtlokal, das sich das Dach mit einem Ausstellungshaus teilt? Bis 1993 lag das P1 sogar direkt im Ostflügel, im wahrsten Sinne Tür an Tür mit der Kunst. Wie sehr das eine das andere befruchtet, zeigt die Entwicklung des Clubs, der den Anschluss nie verpasst hat, immer auf Höhe der Zeit geblieben ist. Denn Diskotheken sind ja viel mehr als Absturz-Orte für Nachtschwärmer, die auch im Kopf für ein paar Stunden das Licht ausknipsen wollen. Clubgeschichte ist Modegeschichte, Musikgeschichte, Architekturgeschichte, Sozialgeschichte. Letztlich: Zeitgeschichte.

Das Münchner Haus der Kunst feiert 40 Jahre P1: Zauberer der Nacht (2)

Deswegen startet Kuratorin Sabine Brantl, unterstützt von Lydia Antoniou, im Haus der Kunst jetzt die Zeitmaschine. Ihre Ausstellung „Glamour und Geschichte“ nimmt uns mit auf eine nostalgische Reise. Mitten hinein in die Achtziger, Neunziger, frühen Zweitausender. Auf alten Röhrenfernsehern laufen Bilder von Flyern in Dauerschleife. Einladungen auf Papier, liebe Social-Media-Kids, so war das damals. Darauf Partytitel mit Kopfkino-Effekt: „Street but sweet“, „Hasenpop“, „Blütenzauber“. Die Jahre vergehen, das Design ändert sich – aber das geschwungene P bleibt.

Als Michael Käfer den Laden 1984 übernahm, war eigentlich ein Lokal mit Namen Simplicissimus angedacht, im Jugendstil-Ambiente. Doch der damals 26-Jährige hatte völlig andere Vorstellungen. Sein Vorbild war das legendäre Studio 54 in New York. Promis, Rausch, Ekstase. Mix von Kunst-, Kultur- und Partyszene. Passte perfekt zu diesem Ort – Käfers Plan ging auf. Wer durch den silbernen Glitzervorhang in den eigentlichen Ausstellungsraum eintaucht, der spürt sofort, weshalb. Einen Spiegelsaal haben Brantl und ihr Team eingerichtet, unter der Decke und auf dem Boden laufen Videoszenen aus dem P1 der frühen Jahre. Wie entspannt das alles wirkt. Die Gäste sind auch damals durch Alkohol, Drogen, Endorphine aufgepeitscht, klar. Doch wie sehr sie alle im Moment zu sein scheinen, prosten statt posten; die Gläser am Tresen stehen lassen, ohne Angst vor K.o.-Tropfen; ausgelassen tanzen, ohne Hemmungen wegen Smartphone-Kameras, die den einmaligen Moment unauslöschlich für die Ewigkeit ins Netz befördern könnten.

Stars wie Mick Jagger und Freddie Mercury waren Stammgäste im P1

Während man im warmen Discolicht steht, das eigene Spiegelbild inmitten der Partybilder, fühlt man sich, als wäre man selbst Teil des Geschehens – und versteht, warum sich damals regelmäßig Stars wie Mick Jagger, Woody Allen oder Rod Stewart unter die Gäste mischten. Warum Whitney Houston hier ihr erstes Konzert vor europäischem Publikum gab und Tina Turner eine fette Party schmiss – bei der falsche D-Mark-Scheine von der Decke regneten. Das P1 als geschützter Raum, in dem sich niemand dem Blitzlichtgewitter der Hobby-Paparazzi ausgesetzt sehen musste.

Leise tönt die Stimme von Freddie Mercury durch den Vorhang. Noch so ein Dauergast damals. „Open your eyes, look up to the Skies and see“. Kopf hoch, tanzen. Hat hier in Vor-Internetzeiten jeder ernst genommen. Und wer klug ist, tut’s noch immer. Schlüpft vom Alltag hinein in die Nacht, lässt alles andere draußen und sich selbst ein auf das magische Spiel der analogen Selbstbespiegelung, des Sehen und Gesehenwerdens, des mutigen Ausprobierens anderer Rollen.

Was daraus für persönliche Geschichten erwachsen können, davon erzählt diese Ausstellung – und lädt das Publikum ein, die eigenen hinzuzufügen. In einer Box werden sie gesammelt. Und im Laufe der nächsten Monate womöglich ebenfalls Teil der Schau. In Nos㈠talgie schwelgen, spüren, wie schön gemeinsames Feiern ist: Geburtstagsgeschenk zum 40. geglückt. Bis 25. Februar 2025 im Münchner Haus der Kunst; Mo., Mi., Fr., Sa. und So. 10 bis 20, Do. bis 22 Uhr.

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